Schottland für Anfänger
oder:
04. - 18. Juli 1998
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Alles ist erst mal neu: Der Leihwagen
mit Rechtslenkung, der Linksverkehr, ungewohnte Radiosender, die Straßenausschilderung.
Das Radio kriegen wir dank automatischer Sendersuche als erstes in Griff
(BBC Radio 1 und 2, Spice Girls und Ace Of Base bis zum Erschlaffen der
Gehörgänge :-))), in den Linksverkehr stürze ich mich mit
Erfahrung aus Südafrika recht zuversichtlich und das Auto, ein Ford
Ka, ist sowas von knuddelig und handlich, dass das Fahren kein Problem
ist (Uri mit fast 20 cm mehr Körpergröße hat allerdings
Probleme, seine Beine unterm Lenkrad zu unterzubringen. Anfangs weigert
er sich ohnehin standhaft, im Linksverkehr zu fahren („die spinnen, die
Briten" :-))) - Und was die Schilder anbelangt, haben wir uns deswegen
nicht ein einziges Mal verfahren.
Am ersten Tag kommen wir noch nicht
weit, ich habe ca. 40 km vom Glasgow Airport entfernt eine Bed & Breakfast-Unterkunft
vorgebucht - natürlich übers Internet *smile*.
In Helensburgh, unserer ersten Station, machen wir erste Bekanntschaften mit den britischen Preisen. Die wichtigsten Grundnahrungsmittel im kurzen Überblick (Preise ca., Kurs etwas über 1:3):
Unser erstes Ziel ist Oban an der Westküste. Die Fahrt führt an verschiedenen Lochs und Orten vorbei und meistens durch den Regen, der uns immer wieder heimsucht. Wir verlassen schnellstmöglich die Hauptstraßen und weichen auf Nebenstrecken aus, fahren teilweise durch Tunnels aus baumhohen Rhododendron-Büschen. Wir lernen die Bedeutung der in der Landkarte grün markierten Strecken kennen: Grün bedeutet wohl üppiger Pflanzenwuchs! Der Linksverkehr erweist sich als ziemlich einfach, da es sich ohnehin sehr oft um Single Track Roads handelt - einspurige Straßen mit Ausweichstellen - und der Verkehr hält sich hier auch sehr in Grenzen.
Weiter geht es nordwestlich zur Insel Skye. Mittlerweile reiht sich landschaftlich Loch an Loch (was nichts anderes als „See" bedeutet) und dank einzelner Sonnenstrahlen und imposanter Wolkengebilde zeigt sich die Landschaft sehr abwechslungsreich und fotogen. Schottland, wie man es sich vorstellt! Unterwegs machen wir noch einen Abstecher ins Tal des Ben Navis, des höchsten schottischen Berges. Wer Lust hat, kann hier auch die Wanderschuhe anziehen. Wir spazieren aber nur ein Stück am Bach entlang, da wir es ja nicht übertreiben wollen :-)) Um auf die Insel Skye zu gelangen, gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen die Fähre von Mallaig zur Südspitze der Insel oder die (mautpflichtige) Brücke am Südostzipfel. Wir wählen hinzu den Seeweg und haben Glück, die 30minütige Passage im Sonnenschein und bei ruhiger See erleben zu können. Skye präsentiert uns eine ganz andere Landschaft, als wir sie vom Festland her kennen. Auf schmaler Single Track Road wälzt sich die Autokolonne nordwärts durch heideartige Landschaft, immer am Gebirge entlang. Eine Landschaft, wie man sie in den Alpen oberhalb der Baumgrenze erwarten würde, liegt hier nur wenige Meter über Meereshöhe. Einzige Farbtupfer im grün-braunen Einerlei sind die allgegenwärtigen weiß-schwarzen Schafe. Noch unerfahren in schottischer Reisegewohnheit, lassen wir die Destillerie in Talisker links liegen und suchen uns in Dunvegan ein Zimmer bei einer älteren Dame. Das ist hier überhaupt kein Problem, man schaut einfach, ob an den Häusern oder Gartenzäunen „B & B" angeschrieben steht, und wenn nicht gerade der Zusatz „no vacancies" dabei steht, wird geklingelt und nachgefragt. Nach kurzer Besichtigung des Zimmers, Preisabfrage (wir erlebten zwischen £ 12 und 22 pro Person und Nacht inkl. reichlichem Frühstück) und Zusage erhält man (falls vorhanden) gleich den Schlüssel, meist mit dem Hinweis, die Haustür stünde eh immer offen, als ob es die böse Welt da draußen nicht gibt... Selbst im einfachsten Zimmer gibt es einen kleinen Fernseher und hier lernen wir aus einer Sendung, dass die Schotten zum Einbau eines „Powershower" - also einer kräftigen Dusche - ihre Wasserwerke vorab fragen sollten (Die spinnen, die Briten ... aber das hatten wir ja schon mal festgestellt). So wird die Begutachtung der Dusche („Powershower??") zu einem im weiteren Verlauf der Reise nicht unwichtigen Kriterium bei der Zimmeranmietung *grins*. Bei Dunvegan gibt es auch ein Castle, das man besichtigen kann. Wir machen jedoch nur einen Abendspaziergang dran vorbei. Leider schließen viele Attraktionen schon um 17:30 Uhr, hingegen ist es aber im Sommer fast bis 23:30 Uhr hell und man muss sich vieles dann von außen anschauen oder aber „in Landschaft" machen. Wenigstens die Schafe sind noch nicht zu Bett gegangen ... Wir verlassen Skye am nächsten Tag über die Brücke bei Kyleakin, was mit £ 5,60 Toll (Maut) reichlich teuer ist. Erinnert mich irgendwie an Wegelagerei und Freikaufen ... Nun tasten wir uns an der Westküste entlang, folgen den kleinen Straßen an der Küste entlang. An dieser Stelle einmal 1000 Dank und einen dicken Extraknuddler an VanNelle, dessen Straßentips im letzten Klicx-Magazin Gold wert waren und die wir fast alle abgefahren haben. Nicht alle Wege hätten wir auf eigene Faust gefunden, fürchte ich, bzw. weiter südlich unwissentlich unbeachtet gelassen (teilweise doch fehlende Straßenschilder). Es geht zu wie in der Achterbahn, die Straße meistens Single Track, rauf und runter, Wald, Highland (also in unserem persönlichen Sprachgebrauch Heide, Torf und sonst nix), Küste wechseln hinter jeder Kurve. Phantastisch! Ein MUSS für begeisterte Autofahrer und ganz sicher auch für Motorradfahrer! Für Wohnmobilisten jedoch nicht immer zu empfehlen, da manche Straßen doch recht schmal und engkurvig sind. Oft sind Wohnmobile/-anhänger und Busse auch direkt verboten. Wir waren jedoch begeistert und haben die Hauptstraßen gemieden, wann und wo immer es sich einrichten ließ.
Clynelish also ist unsere erste Destillerie, der im Verlauf der Reise noch weitere 17 (i.W.: siebzehn) folgen werden. Die 20 hätten wir locker geschafft, wäre Oban nicht geschlossen gewesen, Talisker (auf Skye) und Glenmorangie (in Tain) nicht sträflich von uns vernachlässigt worden :-((. Bei Clynelish also sind wir um 10 Uhr morgens die ersten Besucher und erhalten eine Exclusivführung zu zweit. Wir erfahren viel über die Herstellung von Whisky, ich sage bewußt noch nicht: alles, denn noch müssen wir uns in die englische Sprache und Whisky-Fachausdrücke hinein hören. Aber so etwa nach der 5. Destillerie sind uns die englischen Begriffe geläufig und in Glen Grant (Destille Nr. 9) wurde uns auch das Angebot gemacht, doch die Führung zu übernehmen, nachdem wir einige bereits besuchte Destillen aufgezählt hatten *grins*. Wie man Whisky herstellt, unsere persönlichen Tips und Bemerkungen sowie weitere Infos kann man hier ausführlich nachlesen :-))) Am Ende des Rundganges erhalten wir ein „Dram", ein kleines Glas mit der Probe des jeweiligen Whiskys. Als Souvenir erstehen wir nach dem Rundgang eine 5 cl-Miniaturflasche der Destillerie und haben am Ende der Reise eine stattliche Sammlung von jeweils 16 Fläschles beieinander (eine Destille hat nur einen Blend ausgeschenkt und einmal waren die kleinen Flaschen leider ausverkauft) sowie - bei 18 Whiskys - auch einen recht guten Überblick über das Angebot (insgesamt gibt es ca. 100 Destillerien in Schottland, die man aber meist nicht besichtigen kann). Das Wetter ist hier im Nordosten mal so gut, dass wir sogar ein Mittagspicknick am Strand machen können. Anschließend geht es weiter an Tain vorbei (sträflich hier die Auslassung der Glenmorangie-Destillerie *grummelimNachhinein*) zu den Falls of Shin, kleinen Wasserfällen, in denen es auch Lachse gibt, deren Sprünge man zu gegebener Zeit beobachten können soll. Die Landschaft ringsum ist nun wieder sehr waldig. Wenig später kommen wir aber durch Muir of Ord mit der Glen Ord-Destillerie, die wir nicht auslassen. Unsere nächste Unterkunft finden wir im nur wenige Meilen entfernten Beauly, einem hübschen kleinen Ort, in einer typischen schottischen Villa.
Von Glenashdale aus machen wir auch
ausgiebige Rundfahrten durch das Tal des Spey-Flusses, die sog. Speyside,
ein landschaftlich recht idyllisches Eckchen und hinter fast jedem Hügel
eine Destille, die zu besichtigenden sind sehr gut ausgeschildert, so dass
man dem Whisky-Trail sehr gut folgen kann. Es seien hier nur Cardhu, Glen
Grant, Glenfarclas, Glenlivet, Glenfiddich (hinten mit gefauchtem -ch wie
in „Bach") Strathisla und Tomnavulin erwähnt .... näheres dazu
im Whisky-Anhang ... verdursten wird hier jedenfalls keiner! Weil uns die
Ecke so gut gefällt und auch, weil mehr als zwei Destillen am Tag
zu viel wären, Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel
(Tomnavolin, Lochnagar und Glenfiddich, morgens, mittags, nachmittags *grins*),
beschließen wir, in Dufftown, dem Herzen der Speyside und „Hauptstadt"
von Whisky-Country, zu übernachten. Hier finden wir eine nettes Privatzimmer
für £ 12 mit Bad zur allgemeinen Nutzung, aber dafür gibt’s
zum Empfang erst mal einen Kaffee, Kekse und Smalltalk mit dem Hausherrn.
Er hat vor seiner Pensionierung - man glaubt es kaum - in einer Destillerie
gearbeitet *grins* (Macallan, nicht-öffentlich, aber er hätte
uns glatt eine Führung organisiert). Die Landschaft ringsrum ist waldig-hügelig, viele Felder und Weiden dazwischen. Einige Meilen weiter südlich liegt Schottlands Skigebiet an der Lecht Road (etwas über 500 m hoch gelegen) und noch etwas weiter südlich kommt man dann über nette kleine Straßen durch die Highlands zum Sommersitz der Queen, Balmoral Castle. Da die hohen Herrschaften ohnehin nicht zu Hause waren, zogen wir eine Besichtigung der nahen Destillerie Royal Lochnagar dem Schloß vor :-)) Noch einmal streiften wir diese Gegend
bei der Weiterfahrt nach Süden, über den Devils Elbow, eine gut
ausgebaute Paßstraße durch ein weiteres Skigebiet erreichen
wir die Gegend um Pitlochry. Wieder lautet die Devise: je kleiner die Straße,
desto besser, und untrüglich führt uns unser mittlerweile entwickelter
Instinkt so auch direkt zur So langsam nähern wir uns dem Ende unserer Rundreise. Nachmittags heißt es noch einmal, Quartier suchen für eine Nacht. Nach zwei mißlungenen Versuchen finden wir schließlich in einer Villa in Weem (bei Aberfeldy) ein museumsreifes, mit haufenweise Firlefanz ausgestattetes Zimmer - noch besser ist allerdings das Eßzimmer! Wahrscheinlich haben die Eigentümer hier mehrere alte Hausrate zusammen geführt! Aber wenigstens hat das Bad eine funktionierende Dusche :-)). Da uns all der Plunder auf die Dauer nervt, packen wir unser Abend-Picknick ein und machen noch einen Ausflug zum Loch Rannoch. Wieder geht es über kleinste Straßen bis Rannoch-Station am Ende der Welt. Die Straße geht hier nicht weiter, aber mitten im Nichts befindet sich ein Bahnhof :-)), immerhin mit einer funktionierenden Telefonzelle. Leider ist das Wetter nicht besonders und das Picknick müssen wir im Auto, aber direkt am Loch Rannoch, essen. Hier befindet sich im Nachbarort Aberfeldy auch eine Destillerie, deren erste Besucher wir am nächsten Morgen sind. Anschließend folgen wir wieder einer Straßenempfehlung von VanNelle zum Loch Lyon. Laut VanNelle und auch laut Karte soll die Straße am Loch zuende sein, aber irgendwie geht es immer weiter ... absolut schmalspurig erreichen wir so das Nachbartal Glen Lochay. Eine empfehlenswerte Route, auf der uns nur ein paar trainierende Radfahrer begegnen. Wunderschön ist auch die wenig später folgende Single Track Road zwischen Kenmore am Loch Tay und Amulree. Von Kenmore aus nicht einfach zu finden, da nicht ausgeschildert, aber wenn man sie erst einmal gefunden hat, wird man mit wunderschöner einsamer Landschaft belohnt. Einziges Handicap sind ein paar Gatter, die zu öffnen und zu schließen Uri das Vergnügen hatte. Da wir zeitlich noch recht früh dran sind, machen wir gleich noch einen Abstecher in die Zivilisation, will sagen: Destillerie Glenturret bei Crieff. Hier geht’s gleich wieder voll touristisch zu *seufz*. Unser Quartier für die letzten beiden Nächte liegt in der Nähe von Perth und ist ein Farmhaus. Perth ist ganz hübsch, aber schon recht groß und um 19 Uhr sind da bereits die Bürgersteige hochgeklappt. Mitten in der Stadt ereilt uns dann noch das Schicksal in Form eines platten Reifens und grummelnd machen wir uns daran, das Reserverad aufzuziehen. Am nächsten Tag lassen wir den Reifen dann für ca. DM 40 reparieren, schließlich wollen wir ja noch eine Tour machen und letztendlich bis zum Flughafen kommen. Die letzte Tour führt uns noch einmal in eine landschaftliche Idylle, ins Glen Clova nordöstlich von Perth. Hier überlegen wir, wie wir weiterfahren, als wir entdecken, dass Fettercairn mit der gleichnamigen Destille nicht mehr weit ist ... und so nehmen wir die Witterung auf, im wahrsten Sinne des Wortes, denn kurz vorm Zielort weht uns auf einmal ein typischer Whisky-Destillerien-Duft ins Auto. Das Gebäude erkennen wir dann von weitem schon an seinem typischen Pagodendach.
Fazit: Schottland ist so ein schönes Reiseland mit atemberaubender Landschaft, netten Leuten und vielen Besichtigungsmöglichkeiten. Für leidenschaftliche Auto- und Motorradfahrer gibt’s haufenweise gute kleine Straßen, Wohnmobile sind nicht unbedingt zu empfehlen. Leider ist Schottland aber ziemlich teuer ... rund 1.500 DM Kosten für 2 Wochen vor Ort muss man, selbst bei genügsamer Lebensweise, schon einplanen. Allein das Benzin kostet ca. DM 2,10 pro Liter! (*) Trotzdem .... Urlaub ist Urlaub und als solcher war’s prima! ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Unsere Reiseroute
und Unterkünfte im Detail
Weitere Links mit Tipps für Reisen in Schottland und Hotel-/B&B-Suche findet Ihr auf der Reiseseite. 26.07.1998 / 17.05.2003 (*) Anmerkung aus 2004: "Nur" ????? |